Ein Symptom oder Zustand welchen ich in Verbindung mit ADHS oft persönlich wahrnehme ist RSD. Die Feststellung, dass diese Begrifflichkeit und dieses Symptom so existiert und die Informationen dazu haben mir geholfen. Grade weil es nicht unbedingt zu den typischen Dingen die man mit ADHS verbindet gehört, hab ich erst relativ spät davon gelesen. Deswegen auch hier einmal eine Zusammenfassung über das Thema.
Was ist RSD
Der Begriff „Rejection Sensitivity Dysphoria“, übersetzt „Zurückweisungsempfindlichkeit“, wurde 2005 von dem US-amerikanischen Psychiater William Dodson geprägt. RSD bezieht sich auf eine übermäßig empfindliche Reaktion auf Kritik oder Ablehnung [1], sowie die übermäßige Angst vor Zurückweisung [3].
Obwohl der Begriff RSD immer wieder im Zusammenhang mit ADHS erwähnt wird, ist es in der Standardliteratur über ADHS im deutschsprachigen Raum bislang nicht fest als ADHS-Symptom gelistet. [3]
RSD und ADHS
RSD ist als eigenes Störungsbild bekannt. [3] Dodson selbst stützte zunächst alles auf seine eigenen Praxisbeobachtungen. Dort hat er festgestellt, dass eine Zurückweisungsempfindlichkeit bei den meisten seiner ADHS-Betroffenen vorhanden ist. [1]
Genauer beschrieb Dodson, dass speziell Menschen mit ADHS, oft gesellschaftlich das Gefühl haben, nicht den Anforderungen anderer, sowie persönlichen entsprechen können. [2]
Auch mit eigenen negativen Erfahrung kann ich aus einer Kindheit ohne Diagnose, bestätigen, dass ich mit dem Gedanken, alles wäre in Ordnung und Sätzen wie “Du musst dich einfach mal konzentrieren.”, “Siehst du, wenn du willst kannst dus doch.” und “Du gibst dir keine Mühe/strengst dich einfach nicht genug an” , letzen Endes viele Jahre bei dem eigenen Glaubensatz “Ich bin dumm und faul” blieb, und daraus hinaus mir beispielsweise lang nicht zutraute, neue Dinge zu probieren oder mir anzueignen. Da RSD auch bei anderen Störungen auftritt, in welchen sie nicht als “bloße” Folge einer Selbstwertproblematik wahrgenommen wird, könnte davon ausgegangen werden, das es sich nicht nur um eine erlernte Reaktion handelt. [3] Die unmittelbare Wirkung von ADHS-Medikation auf die Symptomatik spräche ebenfalls dafür. [3]
Dodson formulierte die Beobachtung, dass Leute mit RSD hauptsächlich durch “People Pleasing” und “Aufgeben” mit den Folgen von RSD umgehen. [2] Diese beiden Methoden machte ich mir ebenfalls zu eigen. Die aus RSD entstehenden Symptome werden oft als alleinige Angststörung fehlinterpretiert [2] [3], was bei mir ebenfalls der Fall war. RSD kann auch in anderen Störungsbildern wie Borderline-Persönlichkeitsstörung, Narzissmus, bipolare Störung, soziale Phobie, Depression und Angststörungen auftreten. [3]
Folgende Anzeichen sprechen für eine RSD [2]:
- plötzlicher emotionaler Ausbruch, folgend auf echte oder vermutete Kritik
- Zurückziehen aus sozialen Interaktionen und Situationen
- negatives Selbstbild, Gedanken der Selbstverletzung
- geringes Selbstvertrauen
- Gedankenkreisen, wiederholendes Grübeln
- Probleme innerhalb von Beziehungen, wie Angegriffen fühlen und entsprechendes defensives Verhalten
Um bei einer Zusammenfassung zu bleiben ende ich hier und verweise nochmal speziell auf Beitrag 3 von adxs.org, welcher die Thematik sehr umfassend beschreibt und eine große Menge weiterführender Quellen beinhaltet.
Zugehörige Beiträge
Wie erklärt ihr euch, dass im Moment laut wissenschaftlichem Konsens (u.a. Stephen Faraone) RSD kein Symptom von ADHS ist? In vielen ADHS Communities kommt es ja trotzdem fast allen Menschen bekannt vor, trifft also offensichtlich einen Nerv. R. Barkley z.B. argumentiert, dass der Begriff eine überflüssige Erfindung ist die schlicht nicht nötig ist, da sich alle Reaktionen mit emotionaler Dysregulation erklären lassen. Oder ist das eine kleinliche Unterscheidung, die am Ende des Tages gar nicht so wichtig ist?
Sein kurzes “Es ist kein ADHS-Symptom” in dem Thread hätte ich so gesehen, wie viele Artikel das beschreiben, dass es bisher kein direktes festes Symptom einer ADHS ist. adxs.org scheint mir da immer sehr aktuell und ganzheitlich in ihren Betrachungen und Artikeln und dort wird auch geschrieben im Sinne von “könnte”, “weißt darauf hin”.
Ob die Definition eines Begriffs überflüssig ist oder nicht, finde ich ist Geschmackssache. Die Abgrenzung und Zusammenfassung der Thematik unter dem Begriff hat mir finde ich geholfen und ist ja in so fern schon praktisch, weil so spezifisch eine Problematik beschrieben wird, die ja auch in anderen Bereichen auftritt und dort so beschrieben werden kann.
Ob RSD nun genau gesehen schon von der andersartigen Funktionsweise und Struktur des Gehirns eines ADHSlers an sich kommt, oder ein indirektes Resultat der sich daraus ergebenen auch nur persönlichen erlebten Umstände ist, wäre interessant zu wissen, ist für mich als betroffenen jetzt gleich. Die Situation bleibt die Selbe.
Ich glaub, dass das emotionale disregulierung in bestimmten Kontexten ist.
Ich versteh aber, dass es besonderen Leidensdruck auslöst und eben einen Wunden Punkt von vielen ADHSler*innen trifft, weil vielen von uns oft das Gefühl gegeben wurde, dass mit uns “etwas nicht stimmt” und so weiter.
Danke. Das ist gerade sehr mein Thema. Ich habe darüber gerade einen aktiven Thread auf der englischsprachigen Community hier laufen.
Was dem Artikel und auch den anderen Quellen fehlt (und mir auch) ist ein: wie gehe ich als Betroffener damit um? Wie kommuniziere ich Anderen, dass es mir wichtig ist, mich zugehörig zu fühlen? Wie sage ich, dass es mir weh tut, mich durch ihr Verhalten abgelehnt zu fühlen? Und das ohne sie vor den Kopf zu stoßen? Oder tut man so als wäre nichts? (Und wenn ja, wie geht das???)
Gerne! Tatsächlich hat genau dein Post mich auch zu diesem Post bewegt. Eigentlich wollte ich dir dort direkt antworten, aber nachdem ich die schon vielen Antworten dort gesehen hab und auch weil ich bei sowas dann doch besser mit deutsch bin, dachte ich bringe ich das Thema hier auch mit an.
Finde ich genauso, ist vielleicht auch schwierig pauschal zu beantworten, weil das denke ich individuell sehr individuell ausfallen kann und deshalb wird vielleicht einfach nichts wirklich geschrieben. Öfter gelesen hab ich nur vor allem die medikamentöse Variante die hilft.
Plump zu sozialen Kontakten hilft denke ich nur Kommunikation. Die richtigen Leute werden darauf eingehen, die falschen nicht. Wichtig bei RSD ist aber auch sich die Geschiche mit dem ewigen grübeln in Erinnerung zu rufen. Erfahrungsgemäß machen sich die anderen Menschen einfach auch meist garnicht genauso schlimm einen Kopf um Dinge.
Ja danke. Ich bin schon relativ gut auf meine Medikamente eingestellt. Aber ein lebenslanges Trauma löst sich nicht mal eben so
“Freut mich” dass mein Post dich dazu animiert hat.
Richtig. Medikamente sehe ich bei mir auch als keine alleinige Lösung.
Ich hasse es wenn ich merke dass RSD mitspielt und ich gefühlt nichts dagegen tun kann innerlich (nach außen emotional-rational schon ein bisschen).