Unionskanzlerkandidat Merz will nach den Messermorden in Aschaffenburg eine Kehrtwende in der Migrationspolitik erzwingen. Doch sein Vorgehen führt nicht zu einer schnellen Schließung der Grenzen, sondern wirkt zerstörerisch: zunächst für die Union, letztlich für das ganze Land.

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Es ist auch völlig offen, ob sich die Beamten auf eine Weisung aus dem Bundesinnenministerium hin über geltendes Recht hinwegsetzen würden.

Denn an dieser Realität kommt auch Friedrich Merz nicht vorbei: Nach geltendem Recht müssen Asylbitten geprüft werden. Und zwar auch dann, wenn der Antragsteller sein Begehren in einem der EU-Länder hätte anbringen müssen, die er auf dem Weg nach Deutschland passiert hat. Hinzukommt EU-Recht, über das sich keine Bundesregierung mal eben hinwegsetzen kann. Ganz egal, mit wie großen Mehrheiten der Bundestag etwas beschlossen hat. Dass Deutschland Vertragsstrafen drohten und dass die ohnehin gespaltenen EU-Regierungen sich endgültig überwerfen könnten, wenn die kaum funktionierende Lastenteilung nun auch noch durch die Bundesrepublik einseitig aufgekündigt würde: All das sind valide Argumente.

[…]

Es scheint, der Instinktpolitiker Merz habe in seinem verständlichen Impuls der Empörung die Dinge nicht zu Ende gedacht. Das lässt nicht nur tief blicken, es ist auch verdammt gefährlich. Für die Union und für das Land.

  • excral@feddit.org
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    ·
    2 days ago

    Selbst mit den Stimmen der AfD, wie will er den Antrag eigentlich durchbringen? Wenn Union und AfD geschlossen dafür stimmen, fehlen immer noch 95 Stimmen, wenn auch FDP geschlossen dafür stimmt fehlen noch 5 Stimmen. Das heißt er wäre noch auf weitere Stimmen von BSW (10 Stimmen) und/oder fraktionslosen (7 Stimmen, ohne Wissing und SSW) angewiesen, da SPD, Grüne und Linke mutmaßlich geschlossen dagegen stimmen werden.

    Ist das überhaupt realistisch, dass er unter diesen Umständen eine Mehrheit findet? Würde die FDP dafür stimmen und selbst wenn sie das täte, wie wahrscheinlich sind Abweichler in Union und FDP?

    • golli@lemm.ee
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      ·
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      1 day ago

      Dieser Zeit Artikel hat das Wahlverhalten der einzelnen Abgeordneten als Anhang.

      Somit ergab sich die nötige Mehrheit von 348 Stimmen bei 344 Gegenstimmen und zehn Enthaltungen.


      Hab mal eine Tabelle gemacht

      Dafür Dagegen Enthalten Nicht Abgegeben
      AFD 75 0 0 1 76
      BSW 0 0 8 2 10
      FDP 80 0 2 8 90
      Fraktionslos 6 2 0 1 9
      Grüne 0 115 0 2 117
      Linke 0 26 0 2 28
      SPD 0 200 0 7 207
      Union 187 1 0 8 196
      348 344 10 31 733
      • Wissing und Stefan Seidler vom SSW waren die Fraktionslosen dagegen

      • Antje Tillmann von der CDU hat lobenswerter Weise als einzige dagegen gestimmt. Tritt bei der kommenden Wahl nichtmehr an (derzeit im Bundestag über die Landesliste Thüringen)

      • Der rechtsextremen Koalition von Union+AFD+FDP sind also 17 Stimmen durch nicht Abgegeben entgangen. Der Gegenseite aus SPD+Grüne+Linke 11. Wenn alle nicht abgegebenen so wie der Rest gestimmt hätten, dann hätte das hier also trotzdem nicht gereicht um den Ausgang zu verändern.

      • BSW hätte das Zünglein an der Waage sein können und versucht sich aus der Verantwortung zu stehlen. Aber Enthaltung ist auch eine bewusste Entscheidung und nicht neutral. Man muss sie mMn wohl zur “Dafür” Seite zählen und sie sind zusätzlich zu feige es zuzugeben. Ähnliches gilt für die zwei Enthaltungen der FDP.