Ich finde gut, dass jetzt nach und nach die Coronajahre aufgearbeitet wurden. Leider nicht durch die Politik, sondern durch verschiedene andere Akteure. Es gibt da sicher einiges zu lernen für mögliche spätere Krisensituationen.
In dem Artikel fand ich sehr interessant, wie die Frau sich durch die Gesellschaft und Politik unter Druck gesetzt fühlte sich zu impfen. Und es schließlich machte, obwohl sie ein schlechtes Gefühl dabei hatte aufgrund der schlechten Informationslage.
Wir hatten damals eine ähnliche Situation mit unseren Kindern. Wir haben sie nicht geimpft, obwohl alle ständig auf uns eingeredet haben. Selbst die StiKo hatte ja keine Impfempfehlung gegeben. Wir haben es keinem erzählt, selbst in der Familie, da es für Zwischentöne keinen Raum gab. Wurde man dann schnell als Schwurbler abgestempelt.
Wissenschaft funktioniert nicht so,dass man sich “zusammensetzt” und “Lesson learned” ableitet. Sondern es ist ein stetiger Prozess bei dem aus stetig neuen Erkenntnissen/Studien eine Evidenzlage gebildet wird. Das geschieht unabhängig von der Pandemie an sich, man lässt auch Erkenntnisse aus anderen “Emerging diseases” einfließen und entwickelt sich auf diesem Weg fort - nichts anderes ist auch während der Pandemie stetig passiert.
Dumm nur,dass man uns genau das angekreidet hat.
Du merkst meine Frustration. Die ist in der gesamten Branche vorhanden. Die direkte Lesson learned ist daher eher,dass viele das Thema nicht mehr anfassen werden. Keiner hat Bock sich Karriere und Leben zu versauen. Lothar Wiehler? Abgesägt. Drosten? Angegriffen worden, hat ne Zeit lang Polizeischutz benötigt. Ist nun raus Ich selber,als viel kleineres Licht: Hab mehrfach konkrete Drohungen erlebt. Habe Landkreise die nach einem politischen Wechsel(hin zu schwarz oder blau)einfach Rechnungen in fünfstelliger Höhe nicht bezahlen in Sachen COVID.
Schau dir an was mit Fauci in den USA passiert ist. Und was mit dem CDC und NIH aktuell passiert. Und bedenke,dass der derzeitige designierte Kanzler auch mal das RKI auflösen wollte.
Am Ende ist mittlerweile so viel Frust in der Branche,dass viele “Yo, let the Leopards eat their faces!” laut denken.
Ich meinte auch keine Lessons Learned in medizinisch-fachlicher Sicht, sondern was würde man besser, anders, wiedermachen in Sachen Strukturen, Kommunikation, Entscheidungsebenen, Vorsorge, Plänen, Polizeiarbeit, Medienarbeit, … um mal ein paar Punkte zu nennen.
Oder wie du schreibst, was man nicht mehr machen würde.
Das sind alles Teile der fachlichen Sicht-Die fachliche Sicht ist hierbei nicht auf die reine Medizin begrenzt(meine Beispiele sind nur auf bekanntere Namen bezogen),es spielen dabei aber eben alle möglichen Ebenen und Fachrichtungen mit (insgesamt mind. 40-42). Medizin ist dabei nur der kleinste Punkt - denn es ist uns relativ egal,ob wir für Viruspandemien, kriegerische Konflikte, Sonnenstürme oder das Widererwachen von Cthulhu planen.
Die Strukturen und gesetzlichen Rahmenbedingungen haben wir vorher gehabt,sie wurden vollständig zerlegt. Wir stehen schlechter da als vorher. Das einzige was geblieben ist als neue Struktur ist die “Kleeblattstruktur” für die Verlegung von Patienten bei solchen Ereignissen. Halten viele Fachautoren aber für großen Mist,ich kann mich dazu nicht öffentlich äußern.
Zur Kommunikation gibt es Leitfäden und wissenschaftlich belegte Konzepte - Krisenkommunikation ist ein Feld der Kommunikationswissenschaften,dass u.a. intensiv von der WHO beackert wird, da es in Entwicklungsländern ein lange andauerndes Problem ist. Einsatzkommunikation gibt es in Deutschland einheitliche Vorgaben die egal ob Hochwasser, Pandemie oder Stromausfall gelten…seit ungefähr 1909. Dumm nur,dass sich in Deutschland jeder Bundespolitiker,Ministerpräsident, jeder Landrat und jeder Bürgermeister zum Fachmanns für alles erklären musste und man weder auf Bundes-, Landes- noch Kommunalebene auf diese Leitfäden gehört hat.
Entscheidungsebenen: Hier hat man die Lage verschlechtert - hatten wir vorher durch das alte Infektionsschutzgesetz ein durchaus scharfes Schwert hat man dieses vollkommen unnötig (und wie vom BVerfG ja auch bemängelt initial undemokratisch) mit spezifischen Regeln versehen deren Greifen in der nächsten Pandemie vollkommen unklar sein wird und die notwendige Entscheidungen verzögern. Noch dazu hat man,da sich “die Politik ja nicht von Automatismen überholen lassen kann” (aka: Man nicht wollte,dass im Zweifelsfall lokale Ebenen ihre Pfründe&Macht verlieren) geplante Änderungen die vor der Pandemie angedacht waren einfach wieder vergessen. Schlussendlich muss man auch sagen,dass wir auch an einer Ebene angekommen sind,an der wir politische Entscheidungsträger gehabt haben,die grob rechtsmissbräuchlich gearbeitet haben. Wenn einzelne Landesregierungen verkünden,dass sie internationale Empfehlungen nicht umsetzen, wenn Landräte verkünden sie würden Gesetze in ihrem Landkreis nicht kontrollieren lassen,was sollen wir als Fachleute noch machen? V.a. wenn die Rechtsaufsichten und Medien sich einen Scheiss darum scheren?
Pläne: Ich behaupte mal,dass es nicht mehr Pandemiepläne gibt als vor Covid - und es zwar einige Bereiche geben mag,die aufgeschreckt wurden, aber gleichzeitig mehr Bereiche meinen sie könnten auch beim nächsten Mal auf Sicht fahren. Doof halt,wenn das nächste Mal nicht so gnädig wird.
Polizeiarbeit: Kann ich mich nicht zu äußern.
Medienarbeit: S.o.
Am Ende des Tages stehen wir um Welten schlechter dar als vor der Pandemie - im Hinblick auf die nächste Pandemie. Da gleichzeitig das Risiko für selbige massiv gestiegen ist durch die sich ändernde Weltlage,Gnade uns Gott/Cthulhu/das fliegende Spaghettimonster/whoever beim nächsten Mal.
Das hört sich nicht gut an. Dann wäre eine Aufarbeitung um so wichtiger.
Tja, nun…