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    2 days ago

    Text mal rauskopiert für alle mit Probleme:

    Deutschland könnte nach China das zweite Land werden, das Werbeblocker verbietet

    Mozilla warnt vor weitreichenden Folgen einer möglichen Entscheidung gegen Adblocker. Ein Rechtsstreit zwischen Axel Springer und dem Adblock-Plus-Entwickler geht in die heiße Phase Ein Laptop liegt in einem dunklen Raum auf einem Teppichboden und zeigt das Google-Chrome-Logo auf dem Bildschirm. Browser wie Googles Chrome können mit Erweiterungen modifiziert werden. Der Axel-Springer-Konzern sieht insbesondere bei Adblockern eine unberechtigte Umarbeitung von urheberrechtlich geschütztem Material.

    Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Entscheidung getroffen, die das Internet, wie wir es kennen, verändern könnte. Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob Werbeblocker das Urheberrecht verletzten, weil sie geschützte Inhalte verändern. In einem Urteil vom 31. Juli 2025 hat das höchste deutsche Zivilgericht den jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Axel-Springer-Konzern und der Kölner Eyeo GmbH, dem Entwickler von Adblock Plus, an das Oberlandesgericht Hamburg zurückverwiesen. “Manipulierte” Inhalte

    Axel Springer argumentiert, dass der HTML-Code ihrer Websites durch den Einsatz von Adblockern unzulässig verändert werde, was gegen das Urheberrecht verstoße. In der Logik der Konzernanwälte geht das so: Wird eine Webseite mit einem Browser aufgerufen, wird die HTML-Datei in den Arbeitsspeicher auf dem Endgerät des Nutzers übertragen. Zur Anzeige der HTML-Datei interpretiert der Webbrowser ihren Inhalt, wobei er zusätzliche Datenstrukturen anlegt.

    “Der Verlag sieht in der Beeinflussung dieser Datenstrukturen durch den Werbeblocker eine unberechtigte Umarbeitung eines Computerprogramms”, erklärt der Medienanwalt und Youtuber Christian Solmecke von der Kanzlei WBS Legal.

    Die Eyeo GmbH hingegen betont das Recht der Internetnutzer, ihre Browser so einzustellen, wie sie es möchten. Durch Werbeblocker würden Programme nicht umgearbeitet, weshalb es keine urheberrechtliche Relevanz gebe. Nur in China gibt es ein ähnliches Verbot

    Besonders alarmierend ist die Warnung der Mozilla Foundation: Deutschland könnte das zweite Land nach China werden, das Werbeblocker verbietet. “Ein starres System, das jeden serverseitigen Code ausführt, wäre außerordentlich gefährlich”, warnt Mozilla-Rechtsexperte Daniel Nazer in einem Blogbeitrag der Mozilla Foundation.

    China ist bislang das einzige Land weltweit, das Werbeblocker weitgehend verboten hat. Dort sind entsprechende Apps aus den App-Stores verschwunden, und Browser-Erweiterungen sind nicht mehr verfügbar. Ein ähnliches Verbot in Deutschland würde einen Präzedenzfall für andere europäische Länder schaffen.

    Die Tragweite eines möglichen Verbots geht weit über das Blockieren von Werbung hinaus. Browser-Erweiterungen verbessern auch die Barrierefreiheit, wehren Tracker ab und mindern Sicherheitsrisiken. Von Übersetzungstools bis hin zu Accessibility-Hilfsmitteln – zahlreiche Anwendungen, die Webinhalte modifizieren, könnten betroffen sein, wie Winfuture berichtet. Komplizierte Rechtslage

    Der BGH kritisierte in seinem Urteil, dass die Vorinstanz die technischen Besonderheiten von Browsern nicht ausreichend gewürdigt habe. Insbesondere sei unklar geblieben, wie virtuelle Maschinen aus Bytecode Objektcode erstellen und ob diese Prozesse urheberrechtlich relevant seien. “Der BGH sieht noch erheblichen rechtlichen Klärungsbedarf”, erklärt Solmecke. Besonders problematisch sei, dass moderne Browser nicht direkt maschinenlesbaren Objektcode ausführen, sondern über Engines arbeiten, die aus HTML, CSS und JavaScript zunächst einen Bytecode erzeugen. Historische Wendung

    Die aktuelle Klage unterscheidet sich grundlegend von früheren Verfahren. Während es zuvor um wettbewerbsrechtliche Aspekte ging, steht nun das Urheberrecht im Mittelpunkt. In früheren Verfahren hatte der BGH Werbeblocker noch für rechtlich zulässig erklärt.

    Das Kölner Unternehmen Eyeo vertreibt seit 2011 die Software Adblock Plus. Die Browser-Erweiterung ermöglicht es Nutzern, angezeigte Werbung auf besuchten Websites zu blockieren. Dabei kommt ein Filter zum Einsatz, der auf eine sogenannte Blacklist zurückgreift – eine Datenbank mit verschiedenen Serverpfaden und Codes, die Werbung einblenden. Ungewisse Zukunft

    Das Verfahren wird nun in Hamburg fortgesetzt, wo detaillierte technische Gutachten erstellt werden müssen. Eine endgültige Klärung dürfte noch ein bis zwei Jahre dauern. Die Entscheidung könnte jedoch weitreichende Folgen für die Entwicklung des freien Internets in Europa haben, warnt man bei Mozilla.

    “Wir hoffen aufrichtig, dass Deutschland nicht das zweite Land (nach China, Anm.) wird, das Werbeblocker verbietet. Dies würde die Möglichkeiten der Nutzer, ihre Online-Umgebung zu kontrollieren, erheblich einschränken und möglicherweise die Tür für ähnliche Einschränkungen in anderen Ländern öffnen. Ein solcher Präzedenzfall könnte dazu führen, dass andere Erweiterungen zum Schutz der Privatsphäre, zur Verbesserung der Zugänglichkeit oder zur Erhöhung der Sicherheit rechtlich angefochten werden. Im Laufe der Zeit könnte dies Innovationen in diesen Bereichen verhindern, die Browserhersteller unter Druck setzen, die Funktionalität von Erweiterungen einzuschränken und das Internet von seiner offenen, nutzergesteuerten Natur in Richtung eines Internets mit eingeschränkter Flexibilität, Innovation und Kontrolle für die Nutzer verschieben”, so Nazer. (pez, 20.8.2025)